Bordeaux oder wenn ein guter Plan gelingt
Super, wenn man einen guten Plan für die Reise in der Tasche hat. Dann sind die positiven Erlebnisse beinahe schon garantiert. Wenn man keinen richtigen Plan hat, kann das auch das gut gehen und man erlebt dennoch schöne Dinge. Wahrscheinlicher ist, dass eine Reise oder ein Reisetag ohne den passenden Plan eher weniger gut wird. So geschehen an unserem 7 Tag unserer Rundreise durch Frankreich.
Unsere Route führte von der Île de Ré nach Bordeaux. Ich hatte noch sehr vage Erinnerungen an einen Urlaub mit Eltern und Geschwistern, in dem wir unter anderem einen Abstecher nach Bordeaux unternahmen. Herausragendes Erlebnis war mein allererstes Steak; mein Vater, mein Bruder und ich mussten uns die Zeit vertreiben, derweil meine Mutter beim Coiffeur saß. Wir hatten Hunger, kehrten in eines der französischen Restaurants ein und bestellten ein Steak (also etwas, das so ähnlich war, wie ein Schnitzel oder ein Kotelett…). Ich werde nie vergessen, wie entsetzt wir drei waren, als uns der Kellner allen Ernstes Fleisch servierte, das offensichtlich nicht durchgebraten war. Frechheit! Natürlich ließen wir das Essen zurückgehen mit der Aufforderung, dass die in der Küche ihren Job ordentlich machen sollen.
Viel Zeit ist seitdem vergangen, dennoch scheine ich noch immer kein gutes Händchen für Trips nach Bordeaux zu haben. Der Campingplatz war deutlich weiter außerhalb, als ich gedacht hatte; wir orderten ein Uber-Fahrzeug, das uns auf direktem Wege in einem großen Bogen von Gradignan (der Vorort, in dem wir verweilten) nach Bordeaux brachte. Mohammad kennt sich gut aus in der Stadt und hat dort Sport studiert. Mit dem von ihm eingeschlagenen Weg haben wir garantiert den einen oder anderen Stau umfahren. Nach geschätzten 50 Minuten waren wir am Ziel. Mohammad zeigte uns unterwegs die eine oder andere Sehenswürdigkeit und brachte uns auf unseren Wunsch hin dann hinunter zur Garonne, direkt dahin, wo viele Restaurants sind und die Flaniermeile beginnt.
Wir hatten Glück, dass wir kurz darauf am Nom d’Une Crêpe vorbei kamen. Ein empfehlenswertes Restaurant das – wie der Name schon sagt – auf Crêpes spezialisiert ist. Super Service, sehr leckere Gerichte. Als wir nach den Crêpes, dem Cidre und der Nachspeise das Lokal verließen, dämmerte es bereits. Wir liefen (flanieren würde es nicht treffen) die Rue Sainte-Catherine hinunter, ebenfalls eine der Haupteinkaufsstraßen. Jetzt um diese Zeit, kurz vor der Dunkelheit eroberten die Obdachlosen und weniger vertrauenerweckende Menschen die Innenstadt zurück.
Am Place de la Victoire nahmen wir einen Bus, der uns zurück in Richtung Gradignan Beausoleil brachte. Bis dieser erste Bus kam, konnten wir auf der Straßenseite gegenüber beobachten, wie nach französischer Manier eingeparkt wird. Die Besitzer des zärtlich touchierten Fahrzeugs warfen kurz einen Blick hinunter auf die Straße, ‚aha, Auto brennt nicht, alles gut!‚. Eines der Fotos weiter unten (auf dem die aus den Angeln gehobene Tür zu sehen ist) zeigt die gegenüberliegende Seite. Wer hier wohnt, hat sicher schon viel erlebt oder gesehen.
Einmal mussten wir während der Busfahrt umsteigen und ich fragte mich, warum die Radfahrer in diesen finsteren Gassen allesamt ohne Licht unterwegs sind. Ist es sicherer für sie, von obskuren Kräften nicht gesehen zu werden oder geht von ihnen selbst eine Gefahr aus? Übrigens ist das, was man da auf dem Foto sieht, ein motorisiertes Zweirad 😉. Zum Glück fanden wir das nicht heraus und trafen mit dem nächsten Bus glücklich und von Dunkelheit umgeben an der Endstation ein. Der Haltepunkt heißt zwar Beausoleil Camping, aber wo war der Campingplatz? Mit Google Maps hätten wir das mit Sicherheit schnell herausgefunden, nur hatten wir leider keinen Internet-Empfang. Aber zum Glück habe ich einen untrüglichen Orientierungssinn und es dauerte – für mein Gefühl – nur wenige Augenblicke, bis klar war, in welche Richtung wir laufen mussten. 300m weiter und wir waren in Sicherheit.
Ich denke, die Fotos werden der Stadt in manchen Punkten nicht wirklich gerecht. Aber so haben wir halt Bordeaux erlebt; zur falschen Zeit am rechten Ort vermutlich.
Château Cruzeau und andere Schlösser
Besser als der Abstecher nach Bordeaux war der nächste Tag vorbereitet. Ich hatte eine Wein- und Schokoladenverkostung im Château Cruzeau gebucht. Das ist nicht nur deshalb naheliegend, weil Bordeaux bekanntermaßen eines der Weinanbaugebiete schlechthin ist. Insbesondere den – ebenfalls berühmten – Grand Cru aus Saint-Émilion, ein Verschnitt aus Merlot und Cabernet Franc, mögen wir besonders gern und haben stets Vorräte davon zuhause. Und das war die Gelegenheit, endlich einmal einen Hersteller und die Weingegend unserer bevorzugten Weinsorte zu besuchen.
Für die Fahrt von Gradignan nach Saint Émilion nahmen wir diesmal kein Uber-Auto sondern fuhren mit dem WoMo.
Außer uns nahm an der Verkostung eine junge Amerikanerin aus North-Carolina teil. Das erwähne ich hier deshalb, weil die Winzerin erzählte, dass insbesondere wegen der Einfuhrbestimmungen in die USA die Flasche dort nicht mehr rund 20€ kostet, wie in Europa, sondern schnell 80€ und mehr. Außerdem war die Dame aus den Staaten wohl etwas überrascht, dass in und um Saint Émilion deutlich weniger Schlösser aufzufinden waren, als erwartet; schließlich führten ja all die Weine ein ‚Château‘ im Namen…
Jessica, die Weinexpertin und Mit-Inhaberin des Weinguts führte uns durch den Betrieb und erklärte uns sehr anschaulich den Prozess der Weinherstellung. Unterm Strich waren wir sehr zufrieden und – logisch – schleppten am Ende auch einige Fläschen des guten Tropfens in unsere Höhle respektive unser Wohnmobil. Jessica unterstrich vor unserer Abfahrt, dass Saint Émilion wirklich sehr sehenswert sei und wir den Ort unbedingt besuchen sollten, auch wenn zu dieser Zeit viele Touristen dort seien.
Nach wenigen Minuten kamen wir in dem 1.600-Seelen-Städtchen an. Was uns ebenfalls neu war: Ort und Umland sind seit 1999 UNESCO Weltkulturerbe. Zu recht, würde ich sagen. Ein wirklich schönes Dorf, eine schöne Landschaft! Wir fanden direkt am Ortseingang einen Parkplatz, der zwar lt. Ausschilderung nicht für Wohnmobile zugelassen ist aber hier bin ich tatsächlich wenig einsichtig; unser Fahrzeug passt mit geringem Überstand in die normalen Parkplatz-Taschen und ich bin nicht bereit, weiter zu laufen, als andere Besucher. Unser Wohnmobil behindert niemanden, braucht nicht mehr Platz und wir generieren mindestens so viel Umsatz, wie andere. Bislang habe ich ein einziges Mal eine schlechte Erfahrung am Timmendorfer Strand gemacht, wo es die Stadtverwaltung offensichtlich darauf anlegt, Wohnmobilreisenden Knöllchen aufzubrummen. In Saint Émilion jedenfalls scheinen die Offiziellen das ähnlich zu sehen, wie ich: Der tut keinem weh, alles gut.
Dass wir den Wehrtum des Château du Roi erklommen, versteht sich von selbst. Ohne Stress ließen wir den Ort und die alten Gemäuer auf uns wirken und gönnten uns einen richtigen Eis-Café (mit Eiswürfeln, nicht mit Vanilleeis) und ein gemischtes Eis, bis wir nach gut zwei Stunden den Rückweg zum Campingplatz antraten.
Es macht wirklich Spaß deinen Blog zu lesen…… Dein Schreibstil macht es anschaulich als wäre man selbst dabei gewesen. Schade um das sicherlich göttliche Steak welches ihr Banausen verwehrt habt😉
Hallo Heidi,
danke für das Lob!
Der Blog ist tatsächlich so etwas wie ein Tagebuch auch für uns selbst.
Das bedeutet, ich muss mir noch mehr Mühe geben, sonnst gibt’s Ärger 🤭