Über zwei Brücken musst Du gehen
Der Øresund ist eine Meerenge, auf deren einen Seite Dänemark (Seeland) und auf deren anderen Seite Schweden (Schonen) liegt. Zu Zeiten Ragnar Lodbroks und auch danach führte nur ein Weg von der einen zur anderen Seite: der über das Wasser, auch Seeweg genannt. Mittlerweile geht’s schneller und bequemer über die Öresundbrücke (ich bediene mich hier gern und bewusst wechselweise mal der dänischen und mal der deutschen Schreibweise) per PKW, LKW oder WoMo.
Auch hier muss eine großzügige Maut entrichtet werden, diese hatte ich allerdings schon während der Reiseplanung auf dem Schirm; im Gegensatz zur Maut für die Storebæltsbroen.
Mittlerweile weiß ich, dass man bei Überfahrt über die Brücken, insbesondere die Storebæltsbroen, viel Geld sparen kann, wenn man ein Wohnmobil zwischen 6m und 10m Länge hat, das nicht schwerer als 3,5t ist. Die Recherche dazu fällt allerdings etwas komplizierter aus und für uns ist es aktuell zu spät dafür. Daher hier nur die Links zu Storebælt und zu ØresundPAY, die mich etwas weiter gebracht haben. Mit beiden muss man im Vorfeld einen Vertrag abschließen, um das Kennzeichen zu registrieren und den Gebühreneinzug zu regeln.
Die Reise in Richtung Göteborg verlief entspannt, der Verkehr war überschaubar bzw. eher gering und dank der Höchstgeschwindigkeit von maximal 120 km/h auch ohne jede Hektik auf allen Seiten. So erreichten wir gut erholt den gebuchten Campingplatz in Lilleby, betrieben bzw. vermarktet von der Kette First Camp.
Fluchtgedanken
Selten hat mich der Anblick eines Camping- oder Stellplatzes so in Erstaunen versetzt. Naja, eigentlich eher in einen Schockzustand. Wir kamen abends bei Dämmerung nach Dienstschluss an und beim automatischen Check-In war nicht klar, welche der beiden schräg gegenüberliegenden Schranken wir nehmen sollten, um auf das richtige Areal zu fahren. Der Übersichtsplan am Office war wenig hilfreich und ich konnte mir nicht vorstellen, dass der Schotterplatz, der eher an einen vernachlässigten LKW-Abstellplatz erinnerte, richtig sein sollte. Dort standen ein paar Wohnwagen, ich tippte auf günstige Unterkünfte für Monteure (und sollte damit später zumindest teilweise recht behalten). Also erstmal durch die Schranke zu den Ferienhäuschen und dann dazwischen durch.
Tatsächlich sahen wir ein Wohnmobil und einen Wohnwagen, die allerdings zwischen den kleinen Häusern völlig deplatziert wirkten. Nein, das war nicht der Stellplatz oder Campingplatz, den wir suchten. Also zurück und dann doch durch die andere Schranke zum LKW-Stellplatz. Immerhin hatte das mit dem Schlüsseltresor und der Geheimnummer funktioniert, sodass sich die Schranken öffnen ließen.
Vorne an stand doch ein dunkler Camper Van, wir kurvten über den Platz, vorbei an den Wohnwagen und dem Van. Hmmm… stand der Schweizer dahinten in der Ecke mit seinem Wohnwagen womöglich auf unserem Platz C8? Wehe ihm, denn meine Stimmung war erheblich gen Nullpunkt gesunken. Am Ende zapfte der den Strom von meiner Ladesäule ab? Ja, das war C8. Aber dann wurde uns klar, dass der Platz auf der Buchungsbestätigung und der letztendlich zugewiesene Stellplatz unterschiedlich waren. C14 war der richtige Platz.
Super, direkt an der Straße, getrennt nur durch einen einfachen Holzzaun. Und direkt auf Höhe unseres Stellplatzes ein Schweller, der die Autos zum Abbremsen und Beschleunigen zwingt. Mein Bauchgefühl wurde immer schlechter und ich schaute mir die Bewertungen im Web nochmal genauer an. Herrje, was war mir denn da entgangen? Mehrfach wird von Gästen dieses Campingplatzes von nächtlichen Einbrüchen in Wohnmobilen berichtet. Und von Jugendlichen, die abends auf ihren Mopeds die Straße in Richtung Strand rauf und runter fahren. Na toll. Ich blickte aus dem Fenster in die Finsternis. Dummerweise hatte ich Gabi von den Berichten erzählt und ihr damit Angst gemacht. Wir mussten hier weg, ganz klar. Im Web fand ich einen Stellplatz, der mir deutlich sicherer schien, also bereitete ich schonmal alles für die Flucht nach dem Abendessen vor: Stromkabel rein, Isolierung der Frontscheiben weg, Navi raus etc.
Zwischenzeitlich hatte die Bordköchin wieder etwas gezaubert, diesmal einen phantastischen Kartoffeltopf mit Brokkoli und Lachs. Davon habe ich definitiv zu viel gegessen. Nach dem Essen recherchierte ich weiter und fand nach und nach heraus, dass der gefundene Stellplatz entgegen den Aussagen auf der eigenen Webseite nicht ohne Reservierung angefahren werden konnte. Die Schranke würde sich für eine Zufahrt nicht öffnen. Nebenbei zeigte sich, dass die in den negativen Bewertungen erwähnten Jugendlichen älter geworden und jetzt mit dröhnenden oder pötternden Autos unterwegs sind. Mit lauter Musik versteht sich. Einer stellte sein Können unter Beweis, indem er einige hundert Meter weiter sein Auto mehrfach im Kreis driften ließ. Perfekte Kulisse für eine beschauliche und sichere Nacht im Wohnmobil.
Okay, Flucht wird nicht möglich sein. Cool bleiben, Strom wieder dran, Isolierung vor die Scheiben, Gaswarner einschalten. Ich würde halt die Nacht über Wache halten, schließlich kann ich gut mit einem offenen Ohr und einem offenen Auge schlafen. So stand ich zwischendurch schonmal auf, lauschte den nicht vorhandenen Geräuschen (hier und da mal eine anspringende Wasserpumpe oder ein schaltendes Relais) und freute mich, als die ersten Monteure noch in der Dunkelheit einen Hauch von Geschäftigkeit verbreiteten, indem sie vergeblich versuchten, den Motor ihres Autos zu starten. Jetzt konnte ich beruhigt einschlafen und mich erholen.
Lilleby Küste
Ich hatte einen anderen Campingplatz in Göteborg gefunden, der nicht nur sicherer sein würde, sondern mit Sicherheit auch näher an der Stadt lag, also deutlich praktischer für das Sightseeing mit dem Fahrrad.
Jetzt bei morgendlichem Sonnenlicht war die Szenerie schon viel freundlicher. Und der Ordnung halber sei gesagt, dass es wohl im Wald gegenüber des asphaltierten Platzes weitere Stellplätze gibt. Aber unser Platz war halt nicht dort und außerdem hatte ich gelesen, dass da der Boden äußerst nass werden kann.
Wir kümmerten uns um die Ver- und Entsorgung rund um das Fahrzeug, legten den Schlüssel zurück in den Safe und fuhren an den Strand, weil es sich hier angeblich um eine der schönsten Küsten der Region handeln sollte und weil die Natur hier wirklich sehr schön war. Und ja, das ist eine traumhafte Landschaft bei Lilleby. Wanderwege laden zum Spazierengehen ein, im Sommer lässt es sich bestimmt gut Baden. Kurz vor dem Parkplatz stand ein großer Camper. Das Parken und Übernachten hier draußen war definitiv nicht gefährlicher, als auf einem Schotterplatz an dieser einsamen Straße, die nachts ausschließlich von Halbstarken befahren wird.
Jetzt, in unseren Herbstferien war hier nichts los. Auf dem großzügig angelegten Parkplatz stand kein Fahrzeug, direkt vor dem Areal auf den wenigen Parkbuchten standen nur zwei Autos und unser WoMo. Wir genossen den Anblick und die frische Morgenluft, schossen ein paar Fotos und machten uns von dannen in Richtung Göteborg Centrum.







